Damals, als ich aus der DDR (da war sie´s noch) in die Bundesrepublik kam, hörte ich alleweil das Loblied von der Freiheit, die ich nun gewonnen hatte. Ich erlaubte mir, den Begriff "Freiheit" zu hinterfragen, nicht nur als das, was man in der Bundesrepublik darunter verstand, sondern ganz allgemein. Die Frage stellt sich ein Leben lang: Was ist Freiheit? - Seine Meinung sagen zu dürfen? Reisen zu dürfen, wohin man will? Den Beruf zu lernen, den man möchte? Die Bücher zu lesen, die Bilder anzusehen, die man mag? Kinder zu kriegen oder auch nicht?
Naja, Freiheit ist das alles. irgendwie. Aber festgemacht wurde sie in meinen ersten bundesdeutschen Diskussionen stets an der Reisefreiheit. Keine Ahnung warum; ich halte eben die für viel weniger wichtig als alle anderen. Aber, nunja, meinetwegen auch die Reisefreiheit. Ich fragte den Kollegen, der mir eben die als Beweis der allumfassenden bundesdeutschen Freiheit vorhielt, wohin er denn dieses Jahr in Urlaub fahren würde. Er antwortete, er könne zwar nach Amerika fahren, aber in diesem Jahr fahre er im Urlaub nicht weg. Warum? Weil er es sich nicht leisten könne.
Dieses kurze Gespräch brachte das auf den Punkt, was ich sehr schnell als die Freiheit der westlichen Welt erkannte: Meine Freiheit ist (und ich schrieb das anderswo schon) immer nur so groß, wie mein Geldbeutel das zuläßt. Mithin ist Freiheit allenfalls eine Fiktion, deren Gelingen in unmittelbarem Zusammenhang damit steht, ob ich sie, die Freiheit, mir nun leisten kann oder nicht. Reisen, Bildung, Kinder-Haben, Kunstgenuß - all das steht in Abhängigkeit davon, wie wohlgefällig ich mich gezeigt habe, um meinen (wohlhabenden?) Eltern oder irgendwelchen Sponsoren zu gefallen. Denn da glaube bloß keiner, ich könne zurande kommen in dieser Welt allein aus meiner eigenen Kraft heraus. Ohne Bildung oder Beziehungen (im besten Falle habe ich beides) komme ich in dieser Welt nicht zurande, bleibe selbst bei allerhöchstem Fleiß irgendwie in der ratlosen Mitte und Belanglosigkeit hängen, wo ich zu denen gehöre, die immer mal wieder darüber nachdenken müssen, ob sie sich diese oder jene Sache leisten können oder nicht.
Auf dieser Idee baut allgemein auch das Rechtssystem auf. Wir alle leben mit der großen Freiheit im Kopf, aber an jeder Ecke lauern Verbote, die mir bei Nichtbefolgung an meine Geldbörse gehen.
Was ja immerhin zu begreifen ist, wenn ich anderen mit meinem Verhalten Schaden zufüge. Wem aber wird geschadet, wenn ich das für die Müllautos festgelegte Parkverbot nicht mehr einhalte, nachdem die Müllautos bereits durch sind? New York hat diese Einnahmen fest in seinen Etat eingeplant. Wem schadet es, wenn ich auf der Straße ein Bier trinke? Halb Amerika schleppt allerhand Flaschen in braunen Papiertüten durch die Gegend. Wer wird belästigt, wenn ich unter freiem Himmel eine Zigarette rauche, deren Qualm niemanden anweht?
Die sonst so streitbaren Franzosen haben sich offenbar in ihr seit heute geltendes rigides Rauchverbot gefügt. Kein anderer Grund als die Sorge um ihre Gesundheit scheint erkennbar. Wenngleich es Deutungen gibt, daß diese zunehmende Verbotskultur nichts anders ist als Ausdruck von Machtausübung unserer Obrigkeit, zuweilen ohne jeden greifbaren Sinn.
Über dieses Thema habe ich Wolfgang Sofsky, Soziologe, entdeckt.
Wer mag, klicke sich durch zur "Politik des Verbots": oder hierhin: http://www.libertaria.de/meldungen/?p=97
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